.jpg)
Die Blockchain-Technologie verspricht Transparenz und Fälschungssicherheit. In der Welt der Kryptowährungen ist das ein Segen. Doch wenn diese Technologie auf Bewertungssysteme angewendet wird, wird sie zum Albtraum für jedes Unternehmen, das Fehler gemacht hat. Erste Startups experimentieren mit "unveränderlichen Reputationssystemen", bei denen Bewertungen in einer Blockchain gespeichert werden. Das bedeutet: Was einmal geschrieben wurde, kann niemals gelöscht werden. Kein Gericht, kein Datenschutzbeauftragter und auch kein Löschdienst kann diese Daten entfernen. Sie existieren für immer, verteilt auf tausenden Servern weltweit. Für die Befürworter ist das der ultimative Schutz vor Zensur und Manipulation. Für betroffene Unternehmer ist es das digitale Todesurteil. Dieser Artikel untersucht, wie sich das Reputationsmanagement ändern muss, wenn Löschung technisch unmöglich wird.
In klassischen Systemen wie Google Maps liegen Bewertungen auf zentralen Servern. Google hat die Macht, sie zu löschen. In einem Blockchain-System gibt es keine zentrale Instanz. Die Bewertung wird als "Block" in eine Kette geschrieben, die auf allen Teilnehmer-Computern weltweit gespeichert ist. Um sie zu ändern oder zu löschen, müsste man mehr als 50% aller Computer gleichzeitig hacken – praktisch unmöglich. Systeme wie "Revain" oder dezentrale Bewertungsplattformen auf Ethereum nutzen dieses Prinzip bereits. Wenn solche Systeme massentauglich werden, wird die Option, sein google unternehmensprofil löschen zu können, zu einem wertvollen Privileg der "alten" zentralisierten Web-2.0-Welt. Die neue Web-3.0-Welt kennt keine Gnade.
Die DSGVO verlangt das Recht auf Löschung. Die Blockchain macht Löschung technisch unmöglich. Wie löst man diesen Widerspruch? Juristen rätseln noch. Manche schlagen vor, dass nicht die Daten selbst gelöscht werden müssen, sondern nur der Zugang dazu (durch Verschlüsselung). Aber ist eine verschlüsselte, aber existierende Bewertung wirklich gelöscht? Andere argumentieren, dass Blockchain-Systeme gar nicht in Europa betrieben werden dürfen, weil sie nicht DSGVO-konform sein können. Doch das Internet kennt keine Grenzen. Ein Server in Singapur interessiert sich nicht für EU-Recht. Für Unternehmer bedeutet das: Sie müssen sich jetzt, solange zentralisierte Systeme noch dominieren, um ihre Reputation kümmern. In zehn Jahren könnte diese Möglichkeit nicht mehr existieren.
Wenn Löschung keine Option mehr ist, muss Reputationsmanagement völlig neu gedacht werden. Der Fokus verschiebt sich von "Wie werde ich negative Inhalte los?" zu "Wie verhindere ich sie von vornherein?". Das bedeutet: Perfekte Kundenbetreuung, keine Fehler, absolute Transparenz. Ein einziger Ausrutscher wird für immer gespeichert. Das zwingt Unternehmen zu höchster Qualität, ist aber auch extrem unversöhnlich. Ein junger Gründer, der mit 23 einen Laden gegen die Wand fährt, wird mit 45 noch damit konfrontiert, wenn er neu startet. Die Unverzeihlichkeit der Blockchain ist ethisch fragwürdig, aber technisch Realität.
.jpg)
Für den e commerce könnte die Blockchain-Bewertung aber auch Chancen bieten. Fake-Bewertungen wären unmöglich, da jede Transaktion verifiziert werden muss. Kunden könnten endlich sicher sein, dass die 5-Sterne-Bewertungen echt sind. Für seriöse Händler wäre das ein Wettbewerbsvorteil. Doch der Preis ist hoch: Kein zweiter Versuch, kein Rebranding, keine Vergebung. Die Gesellschaft muss entscheiden, ob sie diesen Kompromiss eingehen will. Aktuell ist die Technologie noch in der Nische. Doch sie wächst, und Unternehmer sollten die Entwicklung beobachten.
Die Blockchain stellt das Konzept der Löschbarkeit grundsätzlich infrage. Während wir heute noch die Wahl haben, unser digitales Erbe zu bereinigen, könnte diese Option in der Web-3.0-Zukunft verschwinden. Das macht die jetzige Zeit umso wichtiger: Wer kann, sollte jetzt aufräumen, solange es noch technisch möglich ist. Die Unveränderlichkeit der Blockchain mag in vielen Bereichen Fortschritt sein, im Reputationsmanagement ist sie eine dystopische Bedrohung für die zweite Chance.